»Es ist nicht mein eigener Hals, den ich rette,«sagte Harry knapp, wahrend er seinen Koffer uber eine Stelle mit besonders unebenem, mottenzerfressenem Teppich direkt vor der Tur zerrte.

»Oh, verstehe,«sagte Phineas Nigellus, sich noch immer den Bart streichend,»das ist keine feige Flucht, sondern du bist edel.«

Harry ignorierte ihn. Seine Hand lag auf dem Turknauf, als Phineas Nigellus trage sagte:»Ich habe eine Nachricht fur dich. Von Albus Dumbledore.«

Harry fuhr herum.

»Was ist es?«

»Bleib,«wo du bist.«

»Ich hab«mich nicht bewegt!«sagte Harry, die Hand noch auf dem Turknauf.»Also wie lautet die Nachricht?«

»Die habe ich dir gerade uberbracht, du Trottel., «sagte Phineas Nigellus aalglatt.»Dumbledore sagt: »Bleib, wo du bist.«»

»Warum?«fragte Harry begierig, wahrend er das Ende seines Koffers fallenlie?.»Warum will er, da? ich hierbleibe?

Was hat er noch gesagt?«

»Nichts weiter,«sagte Phineas Nigellus, eine dunnen schwarzen Augenbraue hochziehend, so als fande er Harry unverschamt.

Harrys Temperament scho? hoch wie eine Schlange, die sich im Gras aufrichtet. Er war erschopft, er war uber alle ma?en durcheinander, er hatte in den letzten 12 Stunden Schrecken, Erleichterung und wieder Schrecken durchlebt, und noch immer wollte Dumbledore nicht mit ihm sprechen!

»So ist das also, ja?«sagte er laut.»Bleib,«wo du bist?«Das ist auch alles, was man mir sagen konnte, nachdem ich von den Dementoren angegriffen wurde. Bleib einfach an Ort und Stelle, wahrend die Erwachsenen versuchen, das wieder hinzubiegen, Harry. Wir werden uns allerdings nicht die Muhe machen, dir etwas daruber zu erzahlen, weil dein winzigkleines Hirn damit vielleicht nicht fertig wurde!«

»Wei?t du,,«sagte Phineas Nigellus noch lauter als Harry,»genau deshalb habe ich es verabscheut, Lehrer zu sein!

Junge Menschen sind so hollisch davon uberzeugt, da? sie mit allem absolut Recht haben. Ist Dir nicht schon mal der Gedanke gekommen, mein armer kleiner aufgeplusterter Quatschvogel, da? es vielleicht einen guten Grund gibt, da? der Schulleiter von Hogwarts dir nicht jedes kleinste Detail seiner Plane anvertraut?

Hast du niemals beim sich-schlecht-behandelt-fuhlen eine Pause gemacht, um zu erkennen, da? Dumbledores Anweisungen dich noch nie ins Ungluck gefuhrt haben? Nein. Nein, genau wie alle jungen Menschen bist Du sicher, da? nur du allein denkst und fuhlst, da? nur du allein Gefahr erkennst, da? nur du allein der einzige bist, der clever genug ist, zu erkennen, was der dunkle Lord wohl plant -«

»Er plant also etwas, das mit mir zu tun hat?«sagte Harry schnell.

»Habe ich das gesagt?«sagte Phineas Nigellus, wahrend er untatig seine Seidenhandschuhe betrachtete.»Wenn du mich jetzt entschuldigst, ich habe besseres zu tun, als jugendlicher Selbstqualerei zuzuhoren… einen guten Tag auch.«

Und er schlenderte zur Grenze seines Bilderrahmens und au?er Sicht.

»Gut, dann geh!«brullte Harry in Richtung des leeren Rahmens.»Und sag Dumbledore danke fur nichts!«

Die leere Leinwand blieb still. Wutend zog Harry seinen Koffer zuruck zum Fu?e seines Bettes, dann warf er sich mit.dem Gesicht nach unten auf den mottenzerfressenen Bezug, seine Augen geschlossen, sein Korper schwer und schmerzend.

Er fuhlte sich, als ob er viele Meilen gereist sei… es schien unmoglich, da? Cho Chang ihm noch vor weniger als vierundzwanzig Stunden so nah war… er war so mude… er hatte Angst vor dem Schlaf… und er wu?te nicht wie lange er noch dagegen ankampfen konnte… Dumbledore hatte ihn angewiesen zu bleiben… das hiess er durfte schlafen… aber er hatte Angst… was wenn es wieder passieren wurde?

Er versank im Schatten…

Es war als ob ein Film in seinem Kopf auf den Start gewartet hatte. Er lief in einem leeren Korridor auf eine schlichte schwarze Tur zu, vorbei an rauhen Steinwanden, Fackeln und einem offenen Durchgang zu einer Treppe aus Steinstufen, die links nach unten fuhrte…

Er erreichte die schwarze Tur, aber er konnte sie nicht offnen… Er starrte sie an, verzweifelt ohne Einlass… etwas was er von ganzem Herzen wunschte lag dahinter… ein Preis von dem er nicht zu traumen wagte… wenn nur seine Narbe aufhoren wurde zu stechen… dann konnte er klarer denken…

»Harry,«sagte Rons Stimme von ganz weit weg,»Mum sagt das Essen ist fertig, aber sie stellt Dir was zuruck, wenn Du im Bett bleiben willst.«

Harry offnete die Augen, aber Ron hatte schon den Raum verlassen.

Er will nicht mit mir allein sein, dachte Harry, nicht nach das gehort hatte, was Moody gesagt hatte.

Er vermutete, da? keiner ihn mehr hier haben wollte, nun da sie jetzt wu?ten, was in ihm steckte.

Er wurde nicht zum Essen runtergehen, er wurde ihnen nicht seine Gesellschaft aufdrangen. Er drehte sich auf die andere Seite und fiel nach einer Weile wieder in Schlaf. Viel spater wachte er in den fruhen Morgenstunden auf, sein Magen schmerzte vor Hunger und Ron schnarchte in Nebenbett. Als er im Raum herumschielte, sah er die dunklen Umrisse von Phineas Nigellus, der wieder in seinem Portrait stand und es kam Harry in den Sinn, da? Dumbledore Phineas Nigellus eventuell gesandt hatte um ihn zu beobachten, fur den Fall, da? er wieder jemand anderen angriff.

Das Gefuhl unsauber zu sein nahm zu. Er wunschte halb, er hatte Dumbledore nicht gehorcht… wenn so sein Leben von nun an im Grimmauld Place aussehen wurde, ware er vielleicht doch besser im Liguster Weg aufgehoben…

* * *

Alle anderen verbrachten den nachsten Morgen damit Weihnachtsdekorationen aufzuhangen. Harry konnte sich nicht daran erinnern, Sirius je in einer solch guten Stimmung erlebt zu haben; er sang gerade Weihnachtslieder, offensichtlich erleichtert, da? er uber Weihnachten Gesellschaft hatte. Harry konnte seine Stimme durch den Flur bis zu seinem kalten Zimmer horen, wo er alleine sa? und den Himmel beobachtete, der au?erhalb des Fensters durch den herabfallenden Schnee immer wei?er wurde, standig mit der grausamen Freude, da? er den anderen die Moglichkeit gab uber ihn zu sprechen, was sie wohl auch nutzen wurden. Als er zur Mittagszeit Mrs. Weasley horte, wie sie unten an der Treppe leise seinen Namen rief, zog er sich weiter nach oben zuruck und ignorierte sie.

Etwa um sechs Uhr abends klingelte die Turglocke und Frau Black fing wieder an zu schreien. In der Annahme, da? Mundungus oder ein anderes Ordensmitglied gekommen ware, setzte sich Harry blo? etwas bequemer an die Wand von Schnabelchens Raum, wo er sich versteckte, und versuchte seinen Hunger zu ignorieren, als er tote Ratten an den Hippogreif verfutterte. Er erschrak deswegen ein paar Minuten spater, als jemand laut an die Tur klopfte.

»Ich weiss, da? Du da drin bist«sprach Hermines Stimme.»bitte komm raus, ich mochte mit Dir reden.«

»Was machst Du denn hier?«fragte Harry sie, als er die Tur offnete. Schnabelchen fing wieder an, auf dem strohbedeckten Boden nach eventuell heruntergefallen Resten seiner Ratten zu scharren.»Ich dachte Du bist skifahren mit deiner Mutter und deinem Vater?«

»Nun, um die Wahrheit zu sagen, Skifahren ist nicht wirklich mein Ding,«sagte Hermine,»deswegen bin ich hier zu Weihnachten.«Schnee war in ihrem Haar und ihr Gesicht war rot vor Kalte.»Aber sags Ron nicht. Ich habe ihm gesagt, da? Skifahren wirklich klasse ist, weil er so viel daruber gelacht hat. Mum und Dad sind ein bi?chen enttauscht, aber ich habe ihnen gesagt, da? jeder, der die Examen ernst nimmt, zum Lernen in Hogwarts bleibt. Sie wollen, da? ich gut bin, deswegen verstehen sie es. Aber,«sagte sie munter,»la? uns in Dein Schlafzimmer gehen, Rons Mutter hat ein Feuer angezundet und uns Sandwiches hochgebracht.«

Harry folgte ihr zuruck in den zweiten Stock. Als er das Schlafzimmer betrat, war er etwas uberrascht, da? sowohl Ron als auch Ginny sie auf dem Bett sitzend erwarteten.