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BANG

Sie rollten durch ein verschneites Hogsmeade. Harry warf einen kurzen Blick auf den Eberkopf unten in der Seitenstrasse, dessen Schild mit dem abgetrennten Eberkopf im Winterwind knarrte. Schneegestober schlug gegen die gro?e Frontscheibe des Busses. Schliesslich rollten sie vor den Toren von Hogwarts aus.

Lupin und Tonks halfen ihnen mit ihrem Gepack aus dem Bus, dann stiegen sie aus um sich zu verabschieden. Harry blickte die drei Decks des Fahrende Ritterses hoch und sah, da? alle Passagiere auf sie hinunter starrten, die Nasen an den Fenstern plattgedruckt.

»Du bist in Sicherheit sobald du drinnen bist,«sagte Tonks, wahrend er aufmerksam die verlassene Stra?e im Blick hatte.»Lass«dir«s gutgehen, ja?«

»Gebt auf euch acht,«sagte Lupin, der rundherum Hande geschuttelt hatte und schliesslich bei Harry ankam.»Und hor zu…,«er senkte seine Stimme, wahrend die anderen noch ein paar Abschiedsworte mit Tonks sprachen,»Harry, ich.weiss da? du Snape nicht magst, aber er ist ein hervorragender Occlumant, und wir alle – einschliesslich Sirius – wollen, da? du lernst, dich zu schutzen, also arbeite daran mit aller Kraft, ist das klar?

»Ja, alles klar,«sagte Harry bedruckt und schaute in Lupins vorzeitig von Falten gezeichnetes Gesicht.»Also bis bald.«

Die sechskopfige Gruppe kampfte sich mit ihrem Gepack die rutschige Auffahrt zum Schloss hinauf. Hermine erzahlte schon davon, da? sie ein paar Elfenkappen vor dem Einschlafen stricken wollte. Harry schaute zuruck als sie die Eichentur erreichten; der Fahrende Ritter war schon fort, und er wunschte sich fast, angesichts dessen, was am nachsten Abend folgen wurde, er ware noch an Bord.

* * *

Harry verbrachte die meiste Zeit des nachsten Tages damit, den Abend zu furchten. Seine morgendliche Zaubertranke-Doppelstunde trug nichts dazu bei, sein Missgefuhl zu zerstreuen, da Snape so unfreundlich war wie eh und jeh. Seine Laune wurde noch weiter dadurch verschlechtert, da? die DA-Mitglieder auf den Fluren zwischen den Klassen dauernd auf ihn zukamen und erwartungsvoll fragten, ob es ein Treffen in dieser Nacht geben wurde.

»Ich werde Euch das auf dem ublichen Wege mitteilen, wenn«s das nachste mal soweit ist,«sagte Harry immer wieder,

»aber heute nacht kann ich das nicht machen, denn ich mu? noch zu Heiltranke.«

»Du belegst Heiltranke«?,«fragte Zacharias Smith hochnasig, nachdem er Harry nach dem Mittagessen in eine Ecke der Eingangshalle gedrangt hatte.»Mein Gott, du mu?t ja schrecklich drauf sein. Snape gibt normalerweise keine Nachhilfestunden, oder?«

Als Smith auf argerlich schwungvolle Weise davonschritt, warf Ron ihm einen bosen Blick nach.»Soll ich ihn verhexen? Ich kann ihn von hier immer noch kriegen,«sagte er, erhob seinen Zauberstab und zielte zwischen Smith’s Schulterblatter.

»Vergiss’ es,«sagte Harry betrubt,»das denken doch alle, oder etwa nicht? Das ich wirklich daml-«

»Hallo Harry,«erklang eine Stimme hinter ihm. Er drehte sich um und sah Cho dort stehen.

»Oh,«sagte Harry und erspurte einen unbehaglichen Ruck in seinem Bauch.»Hallo.«

»Wir sind in der Bibliothek, Harry,«sagte Hermine streng, packte Ron uber dem Ellenbogen und zog ihn fort in Richtung der Marmortreppe.

»War Weihnachten schon?,«fragte Cho.

»Ja, nicht ubel,«sagte Harry.

»Bei mir war es ziemlich ruhig,«sagte Cho. Aus irgendeinem Grund sah sie ziemlich verlegen aus.

»Ah… im nachsten Monat gibt’s noch einen Ausflug nach Hogsmeade, hast Du den Aushang gesehen?«

»Wie? Ach, nein, ich habe das schwarze Brett noch nicht gelesen seit ich zuruck bin.«

»Ja, am Valentinstag…«

»Stimmt,«sage Harry und er fragte sich, warum sie ihm das sagte.»Nun, vermutlich mochtest Du -?«

»Nur wenn Du mochtest,«sagte sie eifrig.

Harry starrte sie an. Er hatte eigentlich sagen wollen»Vermutlich willst Du wissen wann das nachste DA-Treffen ist,«

aber ihre Antwort schien darauf nicht zu passen.

»Ich – ah -, «sagte er.

»Ach ist schon in Ordnung wenn Du nicht willst,«sagte sie beschamt.»Mach’ Dir keine Gedanken, wir treffen uns schon irgendwo.«

Sie ging fort. Harry starrte ihr nach, sein Hirn arbeitete verzweifelt. Dann fiel der Groschen.

»Cho! Hey – CHO!«

Er rannte hinter ihr her und erreichte sie auf halber Hohe der Marmortreppe.

»Ahm – willste mit mir zusammen nach Hogsmeade, am Valentinstag?«

»Oooh, ja!«sagte sie, wurde knallrot und strahlte ihn an.

»Gut… nun… das ist also abgemacht,«sagte Harry, und mit dem Gefuhl, da? der Tag doch nicht vollig vergebens war, sprang er los zur Bibliothek, um Ron und Hermine vor ihrem Nachmittagsunterricht abzuholen…Gegen sechs Uhr abends jedoch konnte selbst das Leuchten dieser erfolgreichen Verabredung mit Cho Chang nicht seine unheilvollen Gefuhle erhellen, die sich mit jedem Schritt verstarkten, den Harry auf Snapes Buro zuging.

Als er die Tur erreichte hielt er inne. Er ware an fast jedem anderen Ort lieber gewesen als hier. Dann, nachdem er einmal tief durchgeatmet hatte, trat er ein.

Der dustere Raum war umsaumt von Regalen, die hunderte von Einmachglasern enthielten, in denen schleimige Teile von Pflanzen und Tieren in verschiedenfarbigen Substanzen gelagert wurden. In einer Ecke stand der Schrank voller Zutaten, von denen Snape – nicht ohne Grund – einmal behauptet hatte, da? Harry sie gestohlen hatte. Harrys Aufmerksamkeit wurde jedoch in Richtung des Schreibtisch gelenkt, wo ein flaches Steinbecken mit eingravierten Runen und Symbolen innerhalb einer Ansammlungen von leuchtenden Kerzen lag. Harry erkannte es sofort – es war Dumbledors Denkarium. Verwundert daruber, was das hier zu suchen hatte, schreckte er auf, als Snapes kalte Stimme aus der Dunkelheit kam.

»Schliess die Tur hinter Dir, Potter.«

Harry tat es wie befohlen, mit dem entsetzlichen Gefuhl sich selbst einzusperren. Als er sich wieder zum Raum drehte, hatte sich Snape ins Licht bewegt und zeigte wortlos auf den Stuhl gegenuber von seinem Schreibtisch. Harry setzte sich, ebenso wie Snape es tat, der ihn mit seinen kalten schwarzen Augen fixierte ohne zu zwinkern, mit Abneigung in jedem Gesichtszug.

»Nun, Potter, Du weisst warum Du hier bist,«sagte er.»Der Schulleiter hat mich gebeten, dich in Occlumantie zu unterrichten. Ich kann nur hoffen, da? du dir das besser aneignest als Zaubertranke.«

»Richtig,«sagte Harry knapp.

»Das mag keine der ublichen Unterrichtsstunden sein, Potter,«sagte Snape, seine Augen verschmalerten sich boshaft,

»aber ich bin immer noch Dein Lehrer und Du wirst mich daher immer mit»Sir«oder»Professor«ansprechen.«

»Ja… Sir,«sagte Harry.

Snape beobachtete ihn noch eine Weile mit zusammengekniffenen Augen, dann sprach er»Nun, Occlumantie. Wie ich dir bereits in der Kuche deines geschatzten Paten erklart habe, versiegelt dieser Bereich der Magie den Geist gegen magisches Eindringen und Einflussnahme.«

»Und warum denkt Professor Dumbledore, da? ich das brauche, Sir?,«sagte Harry, blickte Snape direkt in die Augen und fragte sich, ob Snape antworten wurde.

Snape blickte ihn ebenfalls einen Moment lang an und sagte dann abschatzig:»Sicherlich hattest sogar du das mittlerweile herausfinden konnen, Potter? Der dunkle Lord ist sehr geschickt in Legilimantie -«

»Was ist das? Sir?«

»Das ist die Fahigkeit, Gefuhle und Erinnerungen aus dem Geist anderer Personen -«

»Er kann Gedanken lesen?,«fragte Harry sofort, seine schlimmsten Befurchtungen schienen sich zu bestatigen.

»Du hast keinerlei Feingespur, Potter,«sagte Snape, seine dunklen Augen funkelten.»Du erkennst keine feinen Unterschiede. Das ist eine der Unzulanglichkeiten, die dich zu einem so klaglichen Zaubertrank-Brauer machen.«