Ron stohnte und blickte aus irgendeinem Grund fluchtig an die Decke…»Und es sieht aus, als wird es bald regnen.«
»Was hat das mit unseren Hausaufgaben zutun?«sagte Hermine, sie zog die Augenbrauen hoch.
»Nichts,«sagte Ron sofort, seine Ohren erroteten.
Um funf Minuten vor funf verabschiedete sich Harry von den anderen beiden und begab sich zu Umbridges Buro im dritten Stock. Als er an die Tur klopfe, rief sie mit zuckersu?er Stimme:»Komm herein.«Er trat vorsichtig ein und schaute sich um.
Er kannte das Buro unter seinen drei vorigen Bewohnern. In den Tagen, in denen Gilderoy Lockhart hier lebte, war es mit strahlenden Portrats von ihm selbst gepflastert. Als Lupin es besetzte, war es eher, als wenn man ein faszinierendes dunkles Wesen in seinem Kafig oder Aquarium besuchen wurde, wenn man einer Aufforderung folgte. In den Tagen des Betrugers Moody war es mit verschiedenen Instrumenten und Artefakten zum Entdecken von Falschheit und Verborgenheit vollgestopft.
Jetzt jedoch war es uberhaupt nicht wieder zu erkennen. Alle Flachen waren mit Spitzendecken und Tuchern bedeckt.
Einige Vasen mit getrockneten Blumen, jede auf ihrem eigenen Deckchen thronend standen herum, und an einer Wand hing eine Sammlung Ziehrrahmen, jeder geschmuckt mit einem gro?en Katzchen in Technicolor mit verschiedenfarbigen Schleifen um den Hals. Sie waren so abscheulich, da? Harry sie unbeweglich anstarrte, bis Professor Umbridge wieder sprach.
»Guten Abend, Potter.«
Harry fuhr auf und schaute sich um. Er hatte sie zuerst nicht bemerkt, weil sie ein grell geblumtes Kostum trug, das nur zu gut mit der Tischdecke auf dem Schreibtisch hinter ihr verschmolz.
»Abend, Professor Umbridge,«sagte Harry steif.
»Nun, setz dich,«sagte sie und zeigte auf einen kleinen Tisch mit Spitzendecke, vor den sie einen gradlehnigen Stuhl geschoben hatte. Ein Stuck leeres Pergament lag auf dem Tisch, offensichtlich auf ihn wartend.
»Ahm,«sagte Harry, ohne sich zu bewegen.»Professor Umbridge. Ah, bevor wir anfangen, Ich – ich wollte sie um…
um einen Gefallen bitten.«
Ihre hervortretenden Augen verengten sich.
»Oh ja?«
»Nun, ich… ich bin im Gryffindor Quidditch Team. Und ich soll bei den Probespielen fur die neuen Huter um funf Uhr am Freitag anwesend sein und ich habe – habe mich gefragt ob ich den Arrest an diesem Abend nicht verschieben und ihn – ihn an einem anderen Abend absitzen konnte… stattdessen…
Lange vor dem Ende seines Satzes wu?te er, da? es nicht gut war.
»Oh nein,«sagte Umbridge, und lachelte so breit, da? sie aussah, als habe sie gerade eine besonders saftige Fliege verschluckt.»Oh nein nein nein. Dies ist deine Strafe fur das Verbreiten von bosen, absto?enden, Aufmerksamkeit heischenden Geschichten, Potter, und Strafen konnen sicherlich nicht so zurecht geruckt werden, da? sie in die Bequemlichkeit des Schuldigen passen. Nein, du wirst morgen um funf Uhr hierher kommen, und ubermorgen, und am Freitag auch, du wirst deinen Arrest wie geplant absitzen. Ich finde es eher gut, da? du etwas versaumst, das du wirklich gerne tust. Es sollte die Lektion die ich dich lehren will verstarken.
Harry fuhlte das Blut in seinen Kopf steigen und horte ein pochendes Gerausch in seinen Ohren. Er erzahlte also»bose, absto?ende, Aufmerksamkeit heischende Geschichten?«
Sie beobachtete ihn mit leicht seitlich gelegtem Kopf, immer noch breit lacheld, als ob sie genau wusste, was er dachte, und abwartend, ob er wieder anfangen wurde zu schreien. Mit einer enormen Anstrengung schaute Harry von ihr weg, legte seine Schultasche neben den geradlehnigen Stuhl und setzte sich.
»Aha,«sagte Umbridge su?,»wir werden besser in der Kontrolle unseres Temperaments, nicht wahr? Jetzt wirst du etwas fur mich schreiben, Potter. Nein, nicht mit deiner Feder,«fugte sie hinzu, als Harry sich niederbeugte, um seine Tasche zu offnen.»Du wirst eine ganz besondere von mir benutzen. Hier ist sie.«
Sie ubergab ihm eine lange, dunne, schwarze Feder mit einer ungewohnlich scharfen Spitze.
»Ich mochte, da? du schreibst: Ich darf keine Lugen erzahlen, teilte sie ihm sanft mit.
»Wie oft?«fragte Harry, mit einer glaubwurdigen Imitation von Hoflichkeit.
»Oh, so lange es braucht, bis die Botschaft eingedrungen ist,«sagte Umbridge su?.»Nun fang an.«
Sie ging zu ihrem Schreibtisch, setzte sich und beugte sich uber einen Stapel Pergamente, der aussah wie ein Sto? zu korrigierender Aufsatze. Harry ergriff die scharfe schwarze Feder, dann merkte er was fehlte…»Sie haben mir keine Tinte gegeben,«sagte er.
»Dur wirst keine Tinte brauchen,«sagte Professor Umbridge, mit der unschuldigsten Andeutung eines Lachens in ihrer Stimme.
Harry setzte die Spitze der Feder auf das Papier und schrieb: Ich darf keine Lugen erzahlen.
Er stie? ein schmerzliches Keuchen aus. Die Worter erschienen auf dem Pergament in einer Farbe, die rote Tinte zu sein schien. Zur selben Zeit erschienen sie auf Harrys rechter Hand, in seine Haut eingeschnitten als seien sie dort von einem Skalpell mitverfolgt worden – doch wahrend er noch auf den leuchtenden Schnitt starrte heilte die Haut schon wieder, den Fleck an dem sie gestanden hatte ein wenig roter zurucklassend als zuvor, jedoch ganz glatt.
Harry schaute auf Umbridge. Sie beobachtete ihn, ihren breiten krotenartigen Mund zog ein Lacheln breit.
»Ja?«
»Nichts,«sagte Harry ruhig.
Er blickte zuruck auf das Pergament, setzte die Feder noch einmal auf, schrieb Ich darf keine Lugen erzahlen und fuhlte den brennenden Schmerz auf seinem Handrucken zum zweiten Mal; die Worte wurden ein zweites Mal in seine Haut geschnitten und verheilten Sekunden spater.
Und es ging immer so weiter. Wieder und wieder schrieb Harry die Worte auf das Pergament, und zwar nicht mit Tinte, wie er bald erkannte, sondern mit seinem eigenen Blut. Und wieder und wieder wurden die Worte in seinen Handrucken eingeschnitten, verheilten und erschienen erneut, wenn er das nachste Mal die Feder auf das Pergament setzte.
Vor Umbridge«s Fenster senkte sich die Dunkelheit nieder. Harry fragte nicht, wann er aufhoren durfe. Er schaute nicht einmal auf seine Uhr. Er wu?te, sie beobachtete ihn auf Zeichen von Schwache und er wurde keines zeigen, nicht einmal wenn er die ganze Nacht hier sitzen musste, seine eigene Hand mit dieser Feder aufschneidend…
»Komm her,«sagte sie, wie es schien nach Stunden.
Er stand auf. Seine Hand brannte schmerzhaft. Als er sie ansah, bemerkte er, da? die Schnitte verheilt waren, aber die Haut war an dieser Stelle rot und wund.
»Deine Hand,«sagte sie.
Er streckte sie aus. Sie nahm sie in ihre eigene. Harry unterdruckte einen Schauder, als sie ihn mit ihren dicken, stummeligen Fingern, an denen sie eine Anzahl ha?licher alter Ringe trug, beruhrte.
»Ts, ts, ich scheine noch keinen gro?en Eindruck gemacht zu haben,«sagte sie lachelnd.»Nun gut, wir mussen es eben morgen Abend noch einmal versuchen, nicht wahr? Du kannst gehen.«
Harry verlie? ihr Buro ohne ein Wort. Die Schule war vollig verlassen; es war sicherlich nach Mitternacht. Er spazierte langsam den Korridor entlang, und, nachdem er um die Ecke war und sicher, da? sie ihn nicht mehr horte, verfiel er ins Rennen.
Er hatte keine Zeit gehab, den Verschwinde-Zauber zu uben, keinen einzigen Traum in sein Traumtagebuch geschrieben und die Zeichnung des Bowtruckle (BogenKreacher) nicht beendet, noch hatte er seine Aufsatze geschrieben. Er lie? das Fruhstuck am nachsten Morgen sausen um ein paar erfundene Traume fur Wahrsagen, ihrer ersten Stunde, hin zu schmieren, und war uberrascht, einen zerzausten Ron vorzufinden, der ihm Gesellschaft leistete.
»Wie kommt es da? du das nicht gestern Abend gemacht hast?«fragte Harry, wahrend Ron im Gemeinschftsraum planlos nach einer Eingebung herumstierte. Ron, der fest geschlafen hatte, als Harry in den Schlafsaal zuruckkehrte, murmelte etwas von»hatte anderes zu tun,«beugte sich tief uber sein Pergament und kritzelte ein paar Worte.