Der Raum lag im Halbdunkel, die fremdartigen, auf Tischen stehenden, silbernen Apparate waren leise, oder eher schwirrend und stie?en kleine Rauchwolkchen aus – wie sie das normalerweise taten. Die alten Schulleiter und Schulleiterinnen von Hogwarts, deren Portraits die Wande bedeckten, dosten in den Rahmen vor sich hin. Hinter der Tur schlief ein prachtiger rot und goldfarbener Vogel in der Gro?e eines Schwans in seinem Kafig, den Kopf unter den Flugel gesteckt.

»Oh, Sie sind es, Professor McGonagall… und… aha.«

Dumbledore sa? in einem hochlehnigen Stuhl hinter seinem Schreibtisch. Er lehnte sich in vor und ruckte so naher in den Schein des Kerzenlichts, das die Papiere beschien, die vor ihm lagen. Er trug einen prachtvoll bestickten, gold und purpurfarbenen Morgenmantel uber einem schneewei?en Nachthemd, machte jedoch einen sehr wachen Eindruck.

Seine durchdringenden, hellen blauen Augen musterten aufmerksam Professor McGonagall.

»Professor Dumbledore, Potter hatte einen, nunja, einen Albtraum.«Erklarte Professor McGonagall.»Er sagte…«

»Es war kein Alptraum,«unterbrach Harry sie hastig.

Professor McGonagall blickte sich etwas missbilligend zu Harry um.»Nun gut denn, Potter, erzahlen Sie dem Schulleiter etwas daruber.«

»Ich… nun… ich habe geschlafen…«begann Harry und gerade in seinem Schrecken und seiner Verzweiflung sich Dumbledore verstandlich zu machen, fuhlte er sich leicht irritiert, weil der Schulleiter ihn nicht ansah, sondern stattdessen seine eigenen ineinander verschrankten Finger betrachtete.»Aber es war kein gewohnlicher Traum… es war real… Ich sah, wie es passierte…«Er holte tief Luft,»Rons Vater – Mr Weasley – ist von einer riesigen Schlange angegriffen worden.«

Die Worte schienen in der Luft wiederzuhallen nachdem er sie ausgesprochen hatte, sie klangen etwas lacherlich, sogar lustig. Es herrschte eine Weile Schweigen in der Dumbledore sich zurucklehnte und nachdenklich an die Decke starrte.

Ron schaute von Harry zu Dumbledore, bla? und besturzt.

»Wie hast du das gesehen?«fragte Dumbledore leise, Harry immer noch nicht anschauend.»Nun…, ich wei? nicht.«

erklarte Harry ziemlich argerlich. Was hatte das zu bedeuten?»In meinem Kopf nehme ich an.«

»Du hast mich falsch verstanden.«erwiderte Dumbledore immer noch in demselben ruhigen Ton.»Ich meine… kannst du dich erinnern – ahm – wo du in etwa gestanden hast also du gesehen hast wie dieser Angriff geschehen ist? Hast du.vielleicht neben dem Opfer gestanden, oder eventuell auf die Szene von irgendwo oben beobachtet?«Dies war eine derartig sonderbare Frage, da? Harry Dumbledore anstarrte. Es war beinahe als wisse er…

»Ich war die Schlange.«sagte er.»Ich sah es alles aus dem Blickwinkel der Schlange.«

Fur einen Moment sagte niemand etwas, dann fragte Dumbledore in einer neuen und scharferen Tonlage, wahrend er den nun wirklich bleichen Ron anschaute:»Ist Arthur schwer verletzt?«

»Ja.«sagte Harry mitfuhlend – wieso begriffen sie nur alle so langsam, begriffen sie nicht wie stark eine Person blutete wenn Zahne der Lange sich in deren Seite bohrten?

Doch Dumbledore stand so schnell auf, da? Harry einen Sprung zur Seite machte, und wandte sich an eines der alten Portraits, das nahe der Decke hing.»Everard?«sagte er scharf,»Und du Dilys!«

Ein fahlgesichtiger Zauberer mit einem kurzen schwarzen Pony und eine altliche Hexe mit langen silbernen Ringellockchen in dem Rahmen neben ihm, beide schienen tief zu schlafen, offneten ihre Augen unverzuglich.

»Ihr habt zugehort?«erkundigte Dumbledore sich.

Der Zauberer nickte, die Hexe sagte: Naturlich.«

»Der Mann hat rote Haare und eine Brille«erklarte Dumbledore.»Everard, du wirst gebraucht um den Alarm auszulosen, sorge dafur, da? er von den richtigen Leuten gefunden wird.«

Beide nickten und verschwanden seitlich aus ihren Rahmen, doch statt in den benachbarten Bildern aufzutauchen (wie das in Hogwarts normalerweise geschah) erschien keiner der beiden. Ein Rahmen zeigte nun nichts weiter als einen Hintergrund mit einem dunklen Vorhang, der andere einen hubschen Ledersessel. Harry bemerkte, da? viele der anderen Schulleiter und -leiterinnen an den Wanden, obgleich sehr uberzeugend schnarchend und sabbernd, ihm unter halbgeschlossenen Augenlidern verstohlene Blicke zuwarfen und er verstand unversehens wer gesprochen hatte als Professor McGonagall geklopft hatte.

»Everard und Dilys waren zwei der beruhmtesten Leiter von Hogwarts.«erklarte Dumbledore, der nun um Harry, Ron und Professor McGonagall herumging um sich dem prachtigen schlafenden Vogel in seinem Kafig neben der Tur zu nahern.»Ihr Ansehen ist derart, da? von beiden auch Bilder in bedeutenden Zauberer-Institutionen hangen. Da sie sich zwischen ihren verschiedenen eigenen Portraits frei bewegen konnen, sind sie in der Lage uns zu berichten was sich andernorts zugetragen haben mag…«

»Aber Mr. Weasley konnte uberall sein!«rief Harry«

»Bitte setzt euch, alle drei.«sagte Dumbledore, so als habe Harry nicht gesprochen.»Everard und Dilys mogen fur einige Zeit nicht zuruck sein. Professor McGonagall, wenn Sie ein paar weitere Stuhle herbeirufen konnten.«

Professor McGonagall zog ihren Zauberstab aus der Tasche ihres Morgenmantels und schwang ihn. Drei Stuhle erschienen wie aus der Luft. Mit gerader Lehne und aus Holz, ganz anders also der bequeme chintzbezogene Sessel, den Dumbledore bei Harrys Anhorung heraufbeschworen hatte. Harry setzte sich, Dumbledore uber die Schulter beobachtend. Dumbledore streichelte nun Fawkes gefiedertes goldenes Haupt mit einem Finger. Der Phonix erwachte augenblicklich. Er streckte seinen schonen Kopf hoch und betrachtete Dumbledore durch seine glanzenden dunklen Augen.

»Wir werden«sagte Dumbledore sehr leise zu dem Vogel,»eine Warnung brauchen.«Es gab einen Feuerblitz und der Phonix war verschwunden.

Dumbledore griff nach unten auf eines der zerbrechlichen silbernen Apparate deren Funktion Harry nicht vertraut war, trug es hinuber zu seinem Schreibtisch, setzte sich, betrachtete sie wieder und beruhrte es behutsam mit der Spitze seines Zauberstabes.

Der Apparat klingelte alsbald mit rhythmisch klingenden Gerauschen als ob er zum Leben erwache. Winzige Wolkchen hellgrunen Rauchs kamen aus dem winzigen silbernen Rohrchen am oberen Ende. Dumbledore betrachtete den Rauch aufmerksam, mit hochgezogener Augenbraue. Nach ein paar Sekunden wurde aus den kleinen Wolkchen ein stetiger Strom aus Rauch, der dicker wurde und sich in der Luft wand… ein Schlangenkopf wuchs aus seinem Ende und offnete das Maul weit. Harry wunderte sich, ob und wie dieser Apparat seine Geschichte bestatigen konnte: Er schaute eifrig zu Dumbledore, wartete auf ein Zeichen, da? alles in Ordnung war, doch Dumbledore blickte nicht auf.

»Selbstverstandlich, naturlich!«murmelte Dumbledore offensichtlich zu sich selbst, immer noch den Rauchstrom aufmerksam, ohne das kleinste Zeichen der Uberraschung, beobachtend.»Aber im Wesentlichen geteilt?«

Harry konnte sich keinen Reim auf diese Frage machen. Die Schlange aus Rauch jedoch teilte sich selbst sogleich in zwei Schlangen, beide ineinander wellenformig verwickelt in der dunklen Luft. Mit einem Blick voller grimmiger Befriedigung gab Dumbledore dem Apparat einen weiteren leichten Schlag mit seinem Zauberstab. Das klingelnde.Gerausch wurde langsamer und verstummte und die Schlangen aus Rauch wurden matter, schlie?lich zu einem formlosen Dunst und verschwanden.

Dumbledore stellte den Apparat auf den zierlichen kleinen Tisch zuruck. Harry bemerkte, da? viele der alten Schulleiter in den Portraits ihm mit ihren Augen folgten, doch dann, als sie merkten, da? Harry sie ansah, hastig vorgaben wieder zu schlafen. Harry hatte gerne gefragt wozu der seltsame silberne Apparat gut war, doch bevor er das tun konnte erklang ein Schrei vom oberen Ende der Wand zu ihrer Rechten; der Zauberer namens Everard war leicht keuchend wieder in seinem Portrait aufgetaucht.